Die abendlichen Amüsements des Monarchen waren opulente Spektakel. Besonders zu dieser Tageszeit frönten die Schönen und die Reichen ihren Leidenschaften. Sei es im Theater, in der Oper, auf großen Bällen oder bei exklusiven höfischen Zusammenkünften, überall zeigte sich die von internationalen Vorbildern inspirierte kulturelle Blüte der Monarchie nach der Restauration. Nehmen Sie Platz in der Loge an der Seite Charles‘ II und lernen Sie die ausschweifenden Vergnügungen des Potentaten kennen!
Eine der exklusivsten Abendveranstaltungen am Hofe Charlesʼ II waren die sogenannten „Drawing Rooms“. Sie wurden abgehalten in den privaten Gemächern der Königin. Henrietta Maria, die aus dem französischen Königshaus stammende Mutter von Charles II, hatte diese Zusammenkünfte nach dem Vorbild der französischen „Salons“ in England eingeführt. Auch unter Charlesʼ Gemahlin Catherine of Braganza erfreuten sich die regelmäßigen Treffen enormer Beliebtheit. So kamen Mitglieder des Hofstaats und internationale Gäste im „Drawing Room“ der Königin zusammen, erwiesen der Gastgeberin ihre Ehre, plauderten über Kunst, Musik und aktuelle Themen, politisierten und spielten Karten. Es waren einmalige Gelegenheiten, das andere Geschlecht in einem mehr oder weniger ungezwungenen Rahmen zu treffen, sich zu zeigen und die neueste Mode auszuführen. Außerdem war auch der König hier regelmäßig anzutreffen. Da seine Frau Gastgeberin war, musste er sich nicht um den Ablauf des Abends und die „Bespaßung“ der Gäste bemühen und konnte so wichtige Persönlichkeiten des Hofes und auch seltenere Gäste wie Diplomaten und adelige Besucher aus aller Welt abends ganz persönlich treffen und zur Seite nehmen.
– M. Ren.
Das Aquarell vermittelt einen Eindruck von der räumlichen Umgebung, in der die “Drawing Rooms” stattfanden. Der Name der Veranstaltung leitete sich von ihrem Ort ab, dem Queen’s Drawing Room. Jedes königliche Appartement verfügte über einen Drawing Room, der eigentlich als Ort des Rückzugs gedacht war (daher der ursprüngliche Name „Withdrawing Room“). Charles Wilds Aquarell zeigt den Queen’s Drawing Room von Windsor Castle, wo Catherine of Braganza vor allem während der Sommermonate Hof hielt. Der Raum wurde zwischen 1676 und 1678 von Antonio Verrio mit einem Deckengemälde ausgestattet, das eine Götterversammlung im Olymp darstellte und damit die im Drawing Room versammelte höfische Gesellschaft gewissermaßen spiegelte. Von diesem Zimmer hatte man man Zugang zur privaten Kunstgalerie und zum Schlafgemach der Königin sowie zum „Eating Room“, wo auch teilweise gemeinsam zu Abend gegessen wurde.
– M. Ren.
“All the World’s a Stage”: Höfische Theaterleidenschaft
Margaret Hughes gilt als die erste professionelle Schauspielerin auf einer englischen Bühne. Das Schabkunstblatt eines unbekannten Künstlers reproduziert ein Gemälde, das der Hofmaler Peter Lely 1677 von Hughes anfertigte. Die junge Dame ist ganz dem Zeitgeschmack entsprechend in einem legeren, weit ausgeschnittenen Kleid porträtiert. Ihr Blick scheint den Betrachter zu fixieren und ihn einzuladen, ihr näherzukommen; ihr Spiel mit ihrem langen Haar besitzt eine flirtende, erotische Wirkung.
Die „klassische“ Theaterwelt war bis in die Anfänge des 17. Jahrhunderts eine Männerdomäne. Das teilweise frivole Theaterleben galt als anrüchig und unschicklich für Frauen. Erst durch die Restauration konnte sich unter Charles II ab 1660 das kulturelle Leben wieder entfalten. Hughes wurde aufgrund ihres Talents von zahlreichen Gönnern wie Samuel Pepys sehr geschätzt. Ihr langjähriger Liebhaber Prince Ruprecht of the Rhine, Duke of Cumberland galt ebenfalls als großer Förderer ihres Talents. Dies führte dazu, dass sie am Duke’s Theatre in Stücken von Settle und Dryden die Hauptrolle übernehmen durfte.
– R. Re.
Robin Rein spricht über die Anfänge der Oper in England.
Eine Bühne für den Bruder des Königs: Das Duke’s Theatre
Die Oper The Empress of Marocco war eine Koproduktion von Elkanah Settle (Libretto) und Matthew Locke (Musik). Das im Libretto abgebildete Bühnenbild gewährt einen Blick auf die Bühne des 1671 eröffneten Duke’s Theatre in Dorset Gardens, London. Der Name des Theaters verwies darauf, dass es vom Duke of York, dem Bruder König Charlesʼ II., finanziert wurde. Entsprechend prangt oberhalb der Bühne das königliche Wappen, welches von zwei Putten gehalten wird. Im Bühnenraum selbst ist die Kulisse eines großräumigen hallenartigen Kerkers auszumachen. Zwei einzelne Figuren stehen dem Zuschauerraum zugewandt auf der Bühne. Die rechte Person kann als die Figur des Muly Labas ausgemacht werden, die von dem damals berühmten Sänger Henry Harris gespielt wurde.
Opern waren in England eine noch sehr neue Kunstform. Als erste englische Oper gilt The Siege of Rhodes, eine 1656 uraufgeführte Produktion von William Davenant, an der auch Henry Harris mitwirkte. Davenants Libretto wurde von mehreren Komponisten vertont, darunter wiederum Matthew Locke.
– R. Re.
Das Bildnis zeigt den englischen Barockkomponisten Matthew Locke (1621–1677), der an den ersten englischen Opernproduktionen mitwirkte. Das Gemälde ist in dunklen Farben wie schwarz, braun und grau gehalten. Lediglich das Inkarnat des Komponisten sticht hell hervor. Ein voluminöser schwarzer Mantel umgibt seinen Oberkörper, welcher mit dem dunklen Hintergrund zu verschwimmen scheint. Sein verträumter Blick in die Ferne wirkt suchend und entrückt.
Lockes musikalischer Werdegang begann bereits als Chorknabe unter der Leitung des Komponisten Edward Gibbons. Um 1648 zog es Locke in die Vereinigten Niederlande, genauer an den Exilhof Charlesʼ II in Den Haag. Unter der Herrschaft von Oliver Cromwell stagnierte das britische Kulturleben; so war beispielsweise das Aufführen von Theaterstücken verboten. Mit der Rückkehr der Stuarts und der Restauration der Monarchie änderte sich die Situation von Grund auf. Theater wurden wieder geöffnet, und Locke bekam eine Anstellung als „Composer in the Private Music“ am Hofe Charlesʼ II. In dieser Zeit folgten zahlreiche weitere Musikdramen wie The Empress of Morocco 1673. Zu Lockes Schülern zählte Henry Purcell, der nach Lockes Tod sein Amt als Hofkomponist für das königliche Streichorchester übernahm.
– R. Re.
Die Violine ist DAS Instrument des Barocks. Unzählige barocke Chaconnes, Bourées, Suiten etc. wurden für dieses Instrument komponiert. Die hier gezeigte Geige entstand um 1685. Die Spitze und die Seiten bestehen aus Kiefer, der Corpus aus Bergahorn. Spiralförmige Ornamente und das königlichen Wappen zieren das Instrument. Das Kreuz an der Spitze des Griffbrettes hat die Form eines Frauenkopfes. Das Instrument ist nicht signiert, wurde jedoch dem Geigenbauer Ralph Agutter zugeschrieben, der zwischen 1648 und 1680 an der London Bridge arbeitete. Die üppige Dekoration und das Stuart-Wappen dürften darauf hinweisen, dass das Instrument zum Haushalt von Charles II oder James II gehörte.
Es ist bekannt, dass Charles II die „lebhaften“ Klänge der Violine besonders schätzte. Bis 1663 stand der aus Lübeck stammende Kapellmeister Thomas Baltzar (genannt „Lubicer“) in seinen Diensten. Baltzar verzauberte die Briten:
“This night I was invited by Mr. Rog: L’Estrange to heare the incomperable Lubicer on the Violin, his variety upon a few notes & plaine ground with that wonderfull dexterity, as was admirable, & though a very young man, yet so perfect & skillful as there was nothing so crosse & perplext, which being by our Artists, brought to him, which he did not at first sight, with ravishing sweetenesse & improvements, play off, to the astonishment of our best Masters: In Summ, he plaid on that single Instrument a full Consort, so as the rest, flung-downe their Instruments, as acknowledging a victor.”
(John Evelyn, Tagebuch, 4. März 1656)
Nach Baltzars Tod wurde 1663 der Violinist und Komponist John Banister dessen Nachfolger. Seine Virtuosität auf der Geige war legendär ‒ und seine Qualitätsansprüche nicht minder. So ist nach einem Beleg des Oberhofmeisters von Charles II bekannt, dass Banister für zwei Violinen aus Cremona 40 Pfund bezahlte. Dies entsprach dem doppelten durchschnittlichen Jahreseinkommen eines Hofmusikers.
– R. Re.
In diesem Gemälde von Hieronymus Janssens ist Charles II dargestellt, wie er im letzten Jahr seines Exils auf einer Ballveranstaltung in Den Haag teilnimmt. Er und seine Schwester Mary tanzen zusammen einen französischen Gesellschaftstanz namens Courante vor einem großen Publikum in einem festlichen Saal. Sie tragen die typische, französisch inspirierte Mode, die für große Feierlichkeiten üblich war. Im Zuge der Restauration und Rückkehr des Königs nach London brachte dieser die französische Mode, Festzeremonien und Tänze mit nach England.
Tanz als Repräsentationsmittel und Kunstform der Adeligen durchzog wohl alle europäischen Höfe des Barockzeitalters und alle Ereignisse des höfischen Lebens, seien es Bankette, Taufen, Hochzeiten oder Theaterspiele. Tanztraining gehörte zu den täglichen Übungseinheiten eines Höflings, ebenso wie z.B. Benimm- oder Musikunterricht. Anmut, Beweglichkeit, Grazie und Haltung waren sowohl im Ballsaal als auch im Alltag des Königs und seines Hofstaats notwendig.
Zu den Paartänzen des 16. und 17. Jahrhunderts ist anzumerken, dass die Frau nicht die Rolle hatte, die ihr heute beim Standardtanz zukommt, wo sie sich der „Führung“ des Mannes unterwerfen soll. Die Tanzpartner waren damals durchaus gleichberechtigt, und die Damen forderten teilweise sogar selbst zum Tanz auf.
– M. Ren.
Grundlegend für unsere Kenntnis der britischen Tanzkultur ist The English Dancing Master, eine schriftliche Sammlung von englischen Tänzen und Musikstücken. Der Herausgeber John Playford (1623–1687) war weder Autor oder Komponist noch Tänzer. Aus privatem Interesse sammelte er mithilfe einiger befreundeter Musiker, Komponisten und Publizisten Musikstücke und dazugehörige Tänze und erkannte bald die Nachfrage nach einer schriftlichen Zusammenfassung dieser Sammlung. So ließ er 1651 die erste Ausgabe des English Dancing Master drucken. Diese umfasste 105 verschiedene Tänze; sowohl ältere, die zur Zeit von Elizabeth I getanzt wurden, wie auch neuere, modernere „Country Dances“. Mit letzteren waren wohl nicht unbedingt „ländliche“ Tänze gemeint, sondern eher „landeseigene“.
Um die Tanzchoreographien so einfach und verständlich wie möglich festzuhalten, entwickelte Playford eine eigene Zeichensprache für die verschiedenen Schritte und fügte eine kurze Legende zur Erklärung bei. Bis 1728 erschienen insgesamt 18 Auflagen des Dancing Master, wobei in den letzten Auflagen bis zu 360 Tänze und Melodien festgehalten wurden. Sie bilden ein ausgesprochen wichtiges Zeugnis für die Kulturgeschichte Englands und Europas und werden auch heute noch gespielt bzw. getanzt.
– M. Ren.
Melissa Renner spricht über die königliche Tanz- und Ballkultur.